Musikhochschule Nürnberg:

Transformation für die Musik

Die Umwidmung des Nürnberger Sebastianspitals in eine Musikhochschule ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie ein denkmalgeschütztes Bauwerk durch nur wenige, aber grundlegende Eingriffe umgenutzt werden kann, ohne an architektonischer Qualität einzubüssen. Die einzigartige Ausstrahlung des „Wastl“ blieb ungeschmälert erhalten.
Das Sebastianspital wurde zwischen 1910 und 1914 nach den Plänen des Nürnberger Stadtbaumeisters Heinrich Wallraff im Stil der Neorenaissance erbaut. Die mit 420 Betten grösste Pflegeeinrichtung der freien Reichsstadt wurde bei ihrer Eröffnung als das Nonplusultra der sozialen Errungenschaft gefeiert. Doch der Zeitgeist ist über das „Wastl“, wie Nürnberger das Gebäude liebevoll nennen, hinweggegangen. Schon in den 1960er-Jahren wurden die Säle, in denen sich bis zu 20 Betten aneinander reihten, zurückgebaut und Teile des Gebäudes von der Stadtverwaltung genutzt; bereits seit 2008 war Deutschlands jüngste Musikhochschule, die „Hochschule für Musik, Nürnberg“, hier provisorisch untergebracht. Doch erst mit der nunmehr erfolgten Sanierung, Umnutzung und Erweiterung ist jene inspirierende Ausbildungsstätte für junge Musiker entstanden, die auch dem Gebäude selbst eine neue Ära erschliesst. Der Anspruch, dem Bau einen neuen architektonischen Auftritt zu geben und gleichzeitig die Erinnerung an seine Geschichte zu bewahren, war die gestalterische Herausforderung, der sich die Architekten des Münchener Büros Robert Rechenauer stellten. Das Spital wurde seinerzeit in der ländlichen Idylle des Wöhrder Sees errichtet. Heute ist es Bestandteil der verdichteten Vorstadt Wöhrd. Von der Stadt her kommend sind kaum Eingriffe erkennbar, denn das historische Eingangsportal an der Veilhofstrasse blieb nahezu unverändert erhalten. Die einst freie Wiese zum Wöhrder See hin war bereits in den 1960er-Jahren in einen parkartigen Hof verwandelt worden. So lag es nahe, den Haupteingang von der beengten Veilhofstrasse in den ein Geschoss tiefer liegenden Hof zu verlegen.
Schon von aussen sieht man die transparente Raumsequenz, die den Besucher ins Herz der Musikhochschule zieht, zum grossen Orchestersaal, den die Architekten in den Innenhof eingeschoben haben. Dafür wurde die zuvor geschlossene Fassade mit vier grossformatigen, verglasten Portalen zu einem einladenden Entrée geöffnet. Die Geschossdecke zwischen Untergeschoss und Erdgeschoss wurde entfernt, sodass ein lichtes, zweigeschossiges Foyer entstand, welches die Ebene des ehemaligen Haupteingangs mit dem eine Ebene tiefer liegenden, neuen Haupteingang verbindet. Während der alte Haupteingang und die über 600 Holzfenster der Aussenfassaden gemäss aktueller Baustandards aufwändig nachgebildet wurden, wurden alle neu angelegten Portale, Fenster und Fenstertüren in Stahl ausgeführt. Überall dort, wo eine Neuinterpretation stattgefunden hat, haben wir uns ganz bewusst für ein neues, modernes Profil entschieden“, erläutert Robert Rechenauer. „Durch die Materialwahl wollen wir die Bereiche, in denen eine Transformation stattgefunden hat, kenntlich machen.“ Der neue Haupteingang fügt sich dennoch selbstverständlich in das Baudenkmal ein. Das zweigeschossige, grösstenteils verglaste Foyer lässt das Gebäude sehr viel lichter und luftiger wirken als zuvor – obwohl der Innenhof mit dem neuen Orchestersaal „gefüllt“ wurde. Die Anfertigung der neuen Eingangsportale aus dem Stahlprofilsystem Janisol HI oblag Jaeger Glas- und Metallbau, Zwenkau. Der Metallbauer hatte zuvor das Aufmass per Laserscan beauftragt. Diese Methode ist nicht nur äusserst präzise, sondern auch sehr schnell. Zudem konnten die ermittelten Masse als DWG-Dateien in die Datenverarbeitung des Metallbauers übernommen werden. Das Biegen der oberen Abschlüsse erfolgte direkt im Werk der Jansen AG.
Blick von der Galerie im EG auf den neuen Haupteingang mit vier grossflächigen Portalen aus dem Stahlprofilsystem Janisol HI; die beiden mittleren fungieren als Türen.
Bildquellen: Andrew Phelps, Salzburg
Bautafel
BAuherrin
Stadt Nürnberg, Hochbauamt
Architekten
Robert Rechenauer Architekt BDA, München mit Architektur + Baumanagement Christopher Bloss, Nürnberg
Metallbau
Jaeger Glas- und Metallbau, Zwenkau
Stahlprofilsysteme