Im Zuge einer Generalsanierung mit Teilneubau ist am Nürnberger Hauptmarkt das „Haus der Wirtschaft“ entstanden. Der Komplex zwischen dem Hauptmarkt und der Winklerstraße, der Waaggasse und dem Schulgässchen besteht aus vier Gebäuden, von denen zwei – die Häusergruppe am Hauptmarkt und der historische Saalbau an der Winklerstraße – unter Denkmalschutz stehen.
Ein grossformatiges Mosaik aus mundgeblasenem Echt-Antikglas ist Blickfang im neuen Atrium des Nürnberger Haus der Wirtschaft. Es wurde nicht nur restauriert, sondern auch brandschutztechnisch ertüchtigt.
Sie wurden erhalten; die nicht als Einzeldenkmal geführten Gebäude an der Waaggasse und am Schulgässchen hingegen zugunsten eines Neubaus abgebrochen. Der Zugang zum Hof wurde durch ein Verbindungsbauteil geschlossen und der so entstandene Innenhof durch ein Glasdach in ein Atrium transformiert.
5000
-teilige Glasmosaik
55
Quadratmeter Glasmosaik
Künstlerisches Glasmosaik
Das lichte Atrium ist als Empfangs- und Wartebereich konzipiert, es kann aber auch für Veranstaltungen und Ausstellungen genutzt werden. Nicht zuletzt fungiert es als Verbindung zwischen Haupteingang und historischem Saalbau, dessen Eingang an der Winklerstrasse beibehalten wurde. Das von aussen eher schlicht anmutende Gebäude aus den 1950er-Jahren überrascht mit einem ausladend geschwungenen Treppenlauf vor einem grossformatigen Mosaik aus mundgeblasenem Echt-Antikglas. Fast sechs Meter breit und neuneinhalb Meter hoch ist das „Fenster“, das der Nürnberger Glaskünstler Dr. Gottfried Frenzel seinerzeit angefertigt hatte. Doch mittlerweile hatte sich der Epoxidharzkleber, mit dem das Echt-Antikglas seinerzeit auf Trägerplatten auflaminert worden war, verfärbt und ein Grossteil der Trägerplatten war gebrochen. Es forderte die Expertise vieler Fachleute, dieses Glasfenster an der bisherigen Aussenfassade, die durch die Transformation des Innenhofs zu einem Atrium zu einer Innenwand geworden war, nicht nur zu restaurieren, sondern auch als F30-Brandschutzwand auszubilden. Dass der Sohn des Künstlers in das Projekt mit eingebunden werden konnte, war eine glückliche Fügung. Benno Hinkes hat entscheidend dazu beigetragen, eine gemeinsame Linie zu entwickeln für den Umgang mit einem Kunstwerk, das nunmehr zwei Schauseiten hat, wo zuvor nur eine war.
Noch in der Planungsphase war man davon ausgegangen, dass eine Brandschutzverglasung nicht geklebt werden könne. Dank des Engagements der beteiligten Firmen – allen voran die Derix Glasstudios, Taunusstein, die mit der Restaurierung beauftragt waren, aber auch Schott Technical Glass Solutions und nicht zuletzt Schüco Stahlsysteme Jansen – gelang es, eine Zustimmung im Einzelfall zu erwirken, die die denkmalpflegerischen Belange berücksichtigt und die brandschutztechnischen Notwendigkeiten gewährleistet.
85 x 203 bis 109 x 237
Zentimeter Mosaik-Felder
Nach der Transformation des bisherigen Innenhofs zu einem Atrium verbindet
eine zweiflügelige Drehtüre das neue Atrium mit dem historischen Saalbau.
Durch die Umgestaltung des Innenhofs zum Atrium wurde die Aussenfassade
zu einer innen liegenden Brandschutzfassade,
die künftig F90 erfüllen musste.
Aufwendige Restaurierung
Von den vielen Versuchen, das 5000-teilige Glasmosaik von den Trägerscheiben zu lösen, erwies sich schließlich das thermische Verfahren, behutsames Erhitzen, als erfolgreich. In aufwendiger Handarbeit wurde das Echt-Antikglas Stück für Stück von den Trägerplatten gelöst, gereinigt und auf eine Brandschutzverglasung aus Verbundsicherheitsglas auflaminiert. Dabei ging man feldweise vor; die Größe der einzelnen Felder variiert von 85 x 203 bis 109 x 237 Zentimeter. Die montagefertig eingeglasten Scheiben wurden anschließend in eine Pfosten-Riegelfassade aus dem Stahlprofilsystem VISS Fire von Schüco Stahlsysteme Jansen montiert.
Erdgeschossig verbindet eine zweiflügelige, in das Glasmosaik integrierte Drehtüre aus dem Stahlprofilsystem Jansiol 2 den historischen Saalbau mit dem neuen Atrium. In den darüber liegenden Bereichen, in denen Brücken als Teil der umlaufenden Flure der Verglasung vorgelagert sind, sorgen LEDs für eine gleichmäßige Ausleuchtung, indem sie die Schatten der Brücken ausblenden. Ganz gleich, von welcher Stelle aus man es betrachtet: Das rund 55 Quadratmeter große Glasmosaik ist ein Blickfang, dem sich niemand entziehen kann. Dass das Echt-Antikglas im Verbundsicherheitsglas zum Atrium hin angeordnet ist, und nicht, wie zuvor, in einem Zweischeiben-Isolierglas „verpackt“, ist ein zusätzlicher Gewinn. (AMR)
Bautafel
BAuherr
Industrie- und Handelskammer Nürnberg für Mittelfranken, Nürnberg
Architekten
Behles und Jochimsen, Berlin
Glasrestaurierung und -Montage
Stahlprofilsystem
Fotografie
© Marcus Bredt, Berlin