Klare Linien, weisse Fassaden und gerundete Ecken charakterisierten das südliche Citroën-Gebäude am Stadionsplein von Amsterdam; die stilistische Anlehnung an die Architektur von Frank Lloyd Wright ist unverkennbar. Vieles von Jan Wils modernistischem Entwurf aus den 1930er-Jahren verschwand bei einer Renovierung in den 1980er-Jahren, als man das Gebäude entkernte und zu einem Mehrzweckgebäude umfunktionierte; unter anderem wurden die zahlreichen Sprossenfenster durch meterlange Fensterbänder ersetzt. Diese Verfälschung des ursprünglichen Entwurfs wollte man bei der jetzigen Sanierung rückgängig machen.
Die Umnutzung des Citroën-Gebäudes stand unter der Prämisse „Bewahren und Ergänzen“. Dabei ist es gar nicht so einfach auszumachen, welche Gebäudeteile erhalten und welche nun erst hinzugefügt wurden. Zu letzteren zählt ein neuer Eingang mit einem halbrunden Treppenhaus: eine vollständig verglaste Pfosten-Riegelkonstruktion aus im Grundriss gebogenen Stahlprofilen.
Deshalb wurden die kleinformatigen Fensteröffnungen in der Mauerwerksfassade wieder hergestellt und mit feinen Sprossenfenstern aus dem Stahlsystem Janisol Arte 2.0 geschlossen. Nach dem Anstrich mit weisser Mineralfarbe zeigt der Altbestand sein originales Erscheinungsbild. Ein grosser Teil der Bausubstanz erwies sich jedoch als nicht sanierungsfähig, wurde abgerissen und in Anlehnung an Wils Formensprache neu aufgebaut – wenn auch, dem heutigen Zeitgeist entsprechend, um einiges transparenter: Zentraler Bereich des Neubaus ist ein grosser Veranstaltungsraum unter einem riesigen Glasdach.
Rundum verglastes Treppenhaus
Die Schnittstelle zwischen Alt- und Neubau markiert ein neuer Eingang mit einem rundum verglasten Treppenhaus; wobei „rundum“ durchaus wörtlich zu nehmen ist, denn die 15 Meter hohe Glasfassade wurde mit im Grundriss gebogenen Stahlprofilen realisiert. Die Architekten sprechen von einer „integralen Konstruktion“, weil die Stahltreppe gleichzeitig das Glas trägt und das Glas wiederum so gebogen ist, dass es sich selbst stabilisiert: Die Rundung macht nur etwa ein Drittel der Länge aus, zwei Drittel des Scheibenverlaufs sind linear. Realisiert wurde die Structural Glazing Fassade mit dem Stahlsystem VISS SG. Die freitragenden, mit weissem Marmor belegten Treppenstufen verjüngen sich von innen nach aussen und werden bis an das Glas herangeführt, sodass sich ein Geländer erübrigt. Als Brüstung fungieren die Riegel – ein unscheinbares Detail, das der gesamten Konstruktion eine geradezu spielerische Leichtigkeit verleiht. Stahltreppe, Pfosten und Riegel sind übrigens im gleichen Oberflächenfinish gehalten, sodass Gebäude, Architektur und Innenausbau zu einer gestalterischen Einheit verschmelzen. Die Stahltreppe mitsamt der Glasfassade wurde in der Werkstatt von M.C. Kersten B.V., Amsterdam, vorgefertigt und in montagefertigen Elementen vor Ort verbracht und eingebaut.
Hydraulisch öffenbares Fassadenelement
Eine weitere Besonderheit in punkto Funktionalität und Design zeigt die dem Stadionsplein zugewandte Bestandsfassade mit dem neuen Haupteingang: Die raumhoch verglaste Konstruktion sieht aus wie eine Standard-Pfosten-Riegelfassade. Erst bei genauerem Hinsehen erkennt man, dass sich ein Fassadenelement im Brüstungsbereich von den anderen unterscheidet: Es kann mit einem Hydrauliksystem um 90 Grad nach oben geschwenkt werden. Im geöffneten Zustand fungiert es als Vordach, unter dem Innenraum und Aussenraum unmerklich ineinander übergehen. Die einladende Geste führt direkt ins „Mobility Experience Center“ von Pon. Das Unternehmen ist in den Niederlanden als Importeur von Volkswagen, Seat, Audi und Skoda bekannt.
Weniger bekannt ist, dass Pon auch Fahrräder herstellt und Carsharinglösungen entwickelt. Weil sich abstrakte Inhalte wie alternative Verkehrsmittel nur schwer vermitteln lassen, hat Pon das „Mobility Experience Center“ mit wechselnden Ausstellungen zum Thema zukunftsweisende Mobilität initiiert.
MOVE, wie das Gebäude seit der Transformation heisst, bietet mit einer Mischung von Gewerbe, Gastronomie und Veranstaltungen genau das richtige Umfeld, um Mobilitätslösungen von morgen zu präsentieren – und das in einem Gebäude, das immer schon der Mobilität gewidmet war. (AMR)
MOVE, wie das Gebäude seit der Transformation heisst, bietet mit einer Mischung von Gewerbe, Gastronomie und Veranstaltungen genau das richtige Umfeld, um Mobilitätslösungen von morgen zu präsentieren – und das in einem Gebäude, das immer schon der Mobilität gewidmet war. (AMR)
Bautafel
BAuherr
Bouwinvest Office Development B.V., Amsterdam/NL
Architekten
Metallbau
Stahlprofilsystem
Fotografie
© joepjacobs.nl